Wenn der November-Blues um die Häuser tanzt…


    Kolumne


    Der goldene Herbst ist vorbei, das Kerzenlicht der Weihnachtszeit noch weit und der Höhepunkt dieses Monats ist der Totensonntag. Der November gilt als der graue Monat, mit Nebel und traurigen Gedenktagen. Der November erwischt mich jedes Jahr wieder mit voller Wucht. Mir kommt es vor, als ob irgendjemand die ganze Welt in grauen Nebel getaucht hat. Ab vier Uhr nachmittags ist es schwarz wie die Nacht. Es ist nass und kalt. Der so genannte Novemberblues – ein Stimmungstief bei wenig Sonnenlicht – hat einem fest im Griff. Vielleicht kennen Sie dieses Phänomen ja schon aus den Vorjahren. Sind Sie die letzten Wochen auf dem Sofa wie festgewachsen, ziehen sich die Wolldecke über den Kopf, und gehen nur nach draussen, wenn es sich überhaupt nicht vermeiden lässt? Dann sollten Sie jetzt unbedingt weiterlesen. Sicher, im weltweiten Netz gibt es diverse Vorschläge, um gut und fröhlich die grauen Tage zu überstehen: Ein Bad mit Milch und Honig, viel Sport treiben, Massagen und Wellness geniessen, sich mit Freunden treffen, ins Kino gehen, bunte Kleidung tragen, und so weiter. Der Eine oder die Andere greift mal schnell zu Schokolade oder Nüssen. Macht zwar gute Laune, schlägt sich nur leider schnell auf die Hüften nieder. Der tägliche Spaziergang, möglichst um die Mittagszeit für eine halbe Stunde, kann auch viel bewirken.

    Oder doch lieber mal was Neues ausprobieren? Vielleicht nutzen Sie probeweise mal die Kraft der Bilder – Ihrer Bilder. Und ich meine nicht die Passbilder für den letzten Ausweis oder das Familienbild vor dem Weihnachtsbaum. Ich spreche von inneren Bildern, die in jedem von uns schlummern, viel mehr ausdrücken als viele auf den ersten Blick glauben mögen, und Ihnen zu jeder Zeit und an jedem Ort zugänglich sind. Und Fantasie hat ein jeder Mensch, denn auch Sie können sich doch einen rosa Elefanten vorstellen, oder?! Also nutzen Sie diese Gabe doch für sich, jetzt in dieser dunklen Jahreszeit, und beamen sich einfach mal für ein paar Minuten an einen wunderschönen sonnigen Ort, mit ganz viel Ruhe und Ausgeglichenheit, geniessen Sie die Natur, vielleicht das Wasser, die Blumen, die Farben und Gerüche. Entdecken Sie diesen Ort, machen Sie ein inneres Foto davon, und kehren Sie zwei bis dreimal am Tag dorthin zurück. Ganz ungezwungen und nur für sich. Und dann beobachten Sie wie es Ihnen geht, nach diesem kurzen Sonnentripp.

    Ich jedenfalls habe mir fest vorgenommen, mich in diesem Jahr nicht von dem Novemberblues einfangen zu lassen. Obwohl für Berufstätige ist der November ein besonderer Graus: Nach dem brutalen Aufschlag der Winterzeit geht es morgens im Dunkeln aus dem Haus und abends wieder im Dunkeln zurück. Zwischendurch mindestens acht Stunden fahles Neonlicht im Büro mit Blick aus dem Fenster auf tristes Einheitsgrau, geprägt von einem erstaunlich konstant niedrigen Lux-Wert. Die Vitamin-D-Vorräte aus dem Sommer gehen rapide zur Neige. Klar, am liebsten würde ich den Winter überspringen, und gleich anfangs April wieder von vorne starten. Aber eben, das geht (noch) nicht. Deshalb habe ich mir einige Strategien überlegt, mit denen ich den November austricksen kann. So bin ich gut ausgerüstet mit einer Licht­therapielampe. Stelle ich sie an, so habe ich das Gefühl, die Sonne persönlich sei in meiner Stube zu Gast. Ebenso schlucke ich Vitamine jeglicher Art, lasse mich gegen Grippe impfen und peppe meine vorwiegend schwarze Garderobe mit weissen und vor allem roten Kleidungstücken auf! Mit meinem Luftzerstäuber simuliere ich ein zauberhaftes Lavendelfeld und warm duschen, kuschelige Wolldecken und das obligate Vanille-Kerzli sind weitere Massnahmen gegen die tristen Zeiten draussen.

    Und wenn ich es mir genau überlege, so hat auch der November seine guten Seiten. Die Natur bereitet sich für den Winterschlaf vor und zieht sich züruck. Und auch wir sollten unseren Alltag etwas entschleunigen. Einfach mal sein, ausruhen, relaxen und ein gutes Buch lesen. In keinem Monat wie in diesem kann ich so vielen kulturellen Darbietungen frönen. Ich liebe diese Besuche im Museum, im Ballett, im Konzert und in der Oper, wenn es draussen stürmt und hudelt. Ich bin hier im Trockenen und kann mich mit «kulturellem Nerven- und Seelen-Futter» vollstopfen, das für mich genauso wichtig ist wie Sonne und Vitamine. Und dies erst noch ohne das Gefühl zu haben, ich verpasse draussen etwas. Einfach herrlich! In diesem Sinne – geben Sie dem November eine Chance und geniessen Sie diesen Monat in vollen Zügen.

    Herzlichst,
    Ihre Corinne Remund,
    Verlagsredaktorin

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